Digitale Schweiz: Nutzen wir die Chancen!

Die Digitalisierung ist eine der wichtigsten Entwicklungen der letzten Jahrzehnte. Und ob wir das gut finden oder nicht: Digitalisierung ist eine Realität, die sich nicht einfach wegdiskutieren lässt.

Die Schweiz verfügt über eine ausgezeichnete Ausgangslage, um die Trends der Digitalisierung als Chance zu nutzen. Gründe dafür sind unser international führendes, duales Bildungssystem, ein starker Industrie-, Finanz- und Forschungsstandort und eine bewährte, liberale und demokratisch breit abgestützte Entscheidungskultur. In letzter Zeit beobachte ich allerdings, dass im Zusammenhang mit der Digitalisierung vor allem von einer Bedrohung gesprochen wird. Die Bedrohung, dass zahlreiche Stellen verschwinden würden. Diese Befürchtung teile ich nicht. Wegen der Digitalisierung verschwinden vielleicht einige Arbeitsplätze, aber ich bin überzeugt, dass auch viele attraktive Arbeitsplätze geschaffen werden. Natürlich kann ich nicht in die Zukunft schauen. Aber wenn wir die technologische Entwicklung der letzten zwei Jahrhunderte betrachten, dann stellen wir fest, dass die menschliche Arbeit nie überflüssig wurde – obwohl Maschinen permanent menschliche Arbeitskraft ersetzt haben. Was stattdessen passiert ist: Die Art der Arbeit hat sich gewandelt.

Da die Automatisierung von Prozessen vor allem den mittleren Lohnbereich betrifft und neue Jobs tendenziell im höheren und tieferen Lohnbereich zu erwarten sind, droht eine Polarisierung der Arbeitsmärkte. Schon heute kämpfen aufstrebende Länder in Asien mit einer Zunahme der Ungleichheit. Dem müssen wir in der Schweiz ganz gezielt entgegenwirken. Eingriffe in die Arbeitsmärkte und Technologieverbote erreichen allerdings fast immer das Gegenteil dessen, was man eigentlich beabsichtigte. Zudem schränkt eine zusätzliche Umverteilung das Wachstumspotenzial enorm ein.

Was ich für zielführender halte: Ich möchte, dass wir in der Schweiz permanent in die Bildung investieren und geeignete Arbeitsmarktmassnahmen wie Mindestlöhne konsequent durchsetzen.
Die kommenden Jahre werden entscheidend sein. Wir müssen dranbleiben, damit wir in Sachen Digitalisierung nicht links überholt werden und unsere gute Ausgangslage verspielen. Denn ein grosser Teil der Digitalisierungs-Forschung findet heute in US-Unternehmen statt. Wir dürfen diese Entwicklungen nicht einfach Facebook und Co. überlassen. Vor allem nicht, weil wir in der Schweiz mit ETH, EPFL und den Universitäten sowie Fachhochschulen ausgezeichnete Bildungsstätten und hervorragende Unternehmen haben, die diese Leistungen ebenfalls erbringen können.

Die Arbeitswelt 4.0 bringt ganz viele Chancen. Passen wir unsere Rahmenbedingungen der neuen Zeit an. Neue Geschäftsmodelle wie Uber, TaskRabbit oder booking.com eröffnen zahlreiche Möglichkeiten, werfen aber auch Fragen einer angemessenen Regulierung auf. Das gleiche gilt für Fragen der Sicherheit durch Cyberkriminalität.

Der Schweiz gehörte bei innovativen Ideen in der Vergangenheit immer zu den Weltbesten. Es wäre kontraproduktiv, jetzt überstürzt Regulierungen für mögliche Entwicklungen einzuführen, ohne dass wir die Konsequenzen für den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Schweiz abschätzen können. Mehr denn je bin ich überzeugt, dass in unserem Land Fortschritt und Innovationen möglich sind und auch stattfinden. Wir dürfen uns aber nicht von Emotionen leiten lassen, sondern müssen uns den verantwortungsvollen Fortschritt auf die Fahne schreiben. Nur dann nutzen wir alle Chancen der Digitalisierung.

Damian Müller, Ständerat Kanton Luzern, Hitzkirch